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Steven Spielbergs Film „A.I. – Künstliche Intelligenz“ mit Haley Joel Osment und Jude Law erschien 2001. Die Geschichte ist in einer dystopischen Zukunft angesiedelt und handelt von einem Roboter-Jungen (Osment), der wie ein echtes Kind aussieht, handelt und fühlt. Allerdings wird er nach einem bedrohlichen Zwischenfall von seiner Menschenfamilie verstoßen und muss fortan alleine zurechtkommen. Auch der Science-Fiction-Film „I, Robot“ (2004) mit Will Smith in der Hauptrolle befasst sich damit, wie intelligente Roboter künftig unser Leben verändern und beeinflussen könnten. Vorlage für den Film war das Buch „Ich, der Robot“ von Isaac Asimov. Der Roman wurde bereits 1950 veröffentlicht.
Doch längst sind die Zeiten vorbei, in denen künstliche Intelligenz ausschließlich in Hollywood-Blockbustern und Science-Fiction-Literatur eine zentrale Rolle spielt. Sie ist inzwischen mitten in unserem Alltag angekommen: Ob Sprachassistenten wie Alexa und Siri, autonomes Fahren, Gesichtserkennung oder das vernetzte Zuhause mit intelligentem Kühlschrank und automatisierter Beleuchtung nebst Heizung – vieles um uns herum wird durch künstliche neuronale Netze gesteuert. Auch in der Medizin gewinnt künstliche Intelligenz – kurz KI – immer mehr an Bedeutung, insbesondere im Bereich der Bilderkennung. Hierbei analysieren speziell trainierte Computer Aufnahmen medizinisch relevanter Erscheinungen und können Ärzte so bei der Diagnostik unterstützen. Im Fachgebiet Dermatologie ist diese Entwicklung schon recht weit vorangeschritten.
Roboter, Sprachassistenten, intelligente Steuerungen – KI hat viele Gesichter und Anwendungsmöglichkeiten. Oftmals sind wir uns ihrer Präsenz gar nicht bewusst, da sie inzwischen selbstverständlich ist. Eine klare Definition künstlicher Intelligenz ist jedoch nicht so einfach, da der Begriff Intelligenz selbst höchst abstrakt ist. Fest steht: KI ist ein Teilbereich der Informatik. Zudem lässt sich das Phänomen auf bestimmte Eigenschaften eingrenzen. Eine künstliche Intelligenz soll menschliche Entscheidungs- und Verhaltensmuster basierend auf modernster Technologie und Methodik so genau wie möglich nachbilden. Künstliche neuronale Netze sind das Herzstück einer KI – sozusagen das digitale Gehirn.
Diese Netze sind lernfähig und ermöglichen es, einen Computer gewissermaßen zum Experten auf einem bestimmten Gebiet auszubilden. Das erfolgt durch maschinelles Lernen, das sogenannte Deep Learning.
Bis die Wissenschaft künstliche neuronale Netze als Standard für KI etablierte, war das Training eines Computers sehr mühsam und zeitaufwändig. Die Ergebnisse waren oft nicht zufriedenstellend, zudem wurden enorme handverlesene Datenmengen benötigt. Machte man Fehler bei der Auswahl der Daten, war die ganze Arbeit umsonst. Außerdem genügte ab einem gewissen Punkt die zur Verfügung stehende Rechenleistung nicht mehr. Künstliche Intelligenz stieß also unweigerlich irgendwann an ihre Grenzen.
Mit den neuronalen Netzen änderte sich das. Grundzüge dieser modernen Technologie skizzierten ein Neurowissenschaftler und ein Mathematiker bereits 1943. Dennoch sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis sich die Informatik dieses Wissen nutzbar machte. Künstliche neuronale Netze sind die Voraussetzung für maschinelles Lernen oder Deep Learning. Sie ahmen die Nervenbahnen im Gehirn nach, die dafür sorgen, dass wir Informationen erfassen und verarbeiten können. Die digitalen Neuronen werden in hierarchischen Schichten angeordnet, sodass der Informations-Transfer klar festgelegten Regeln folgt – genau wie im menschlichen Gehirn. Ein Computer ist auf diese Weise in der Lage, sich Schritt für Schritt Wissen zu erarbeiten.
Der Mensch ist ein visuelles Wesen: Einen Großteil dessen, was wir lernen, erfassen wir optisch – also durch Bilder. Sie prägen sich unserem Gehirn am besten ein. Ebenso verfahren Wissenschaftler, wenn sie eine künstliche Intelligenz durch maschinelles Lernen schulen. Bevor ein Computer auf das Erkennen bestimmter Strukturen trainiert wird, muss er eine Art Grundausbildung absolvieren. Das bedeutet: Er wird mit einer Fülle an Bildern zu den unterschiedlichsten Themen gefüttert.
Diese Informationen sind das Fundament einer KI. Um die Informationen zu verarbeiten, analysiert die Maschine die Rot-Grün-Blau-Werte in den einzelnen Pixeln. Zunächst erkennt die KI einfache Strukturen, sogenannte Features. Mit Hilfe komplexer mathematischer Filteroptionen kombiniert die KI diese Features zu einer Objektkategorie. Ist dieser Prozess abgeschlossen, kann der Computer Objekte unterscheiden und erkennen. Darauf aufbauend erfolgt im Anschluss die Spezialisierung auf das Erkennen bestimmter Strukturen – im Bereich Dermatologie beispielsweise Ekzeme oder Melanome.
Der Januar 2017 markiert einen Meilenstein in der Entwicklung von KI für den medizinischen Sektor. Damals veröffentlichte die Stanford University im Fachmagazin „Nature“ bahnbrechende Forschungsergebnisse zu maschinellem Lernen. Erstmals gelang es eine KI so zu trainieren, dass sie es mit ausgewiesenen Experten aufnehmen konnte: Im direkten Vergleich mit 21 Dermatologen zeigte die künstliche Intelligenz dieselbe diagnostische Sensitivität und Spezifität bei Hautveränderungen. Dieses Ergebnis war nur durch Deep Learning möglich. Die Wissenschaftler trainierten das künstliche neuronale Netz zunächst mit 1,41 Millionen Bildern von Alltagsgegenständen, Personen, Tieren und Pflanzen. Anschließend folgte die Spezialisierung auf dermatologische Phänomene. Hierfür reicherten die Forscher die KI mit 130.000 Abbildungen klinischer Aufnahmen an.
Ab diesem Zeitpunkt schritt die Entwicklung künstlicher Intelligenz zur Bilderkennung in der Medizin rasant voran. 2019 stellte Google eine KI vor, die häufig in der Erstversorgung vorkommende Hauterscheinungen in Kombination mit Anamnesedaten analysieren kann. 2020 versetzte die Firma DeepMind die Fachwelt mit einer KI in Erstaunen, die bei der Früherkennung von Brustkrebs sogar Radiologen übertraf. Während dem Computer lediglich eine Mammografie-Aufnahme zur Verfügung stand, hatten die Ärzte zusätzlich Zugriff auf weitere Informationen wie Anamnesedaten. Angesichts dessen ist die Leistung der Maschine beeindruckend. Ebenfalls im Jahr 2020 erschien eine Studie, die einer KI eine dreimal höhere Erkennungsquote von Osteoporose bei Knochenbrüchen attestierte als den spezialisierten Ärzten. Diese Ergebnisse zeigen: Bei der Bilderkennung in der Medizin sind künstliche Intelligenzen dem Menschen bereits in Teilen überlegen.
Künstliche Intelligenz unterstützt im medizinischen Sektor nicht nur bei der Bilderkennung im Bereich Diagnostik. Sie kommt auch in der Medizinaltechnik zum Einsatz. Beispielsweise arbeiten Wissenschaftler der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften mit der Schweizer Firma BW-TEC an einer KI, die in der Qualitätskontrolle von Ballonkathetern zum Einsatz kommen soll. Ballonkatheter finden in der Medizin unter anderem zur Erweiterung von Blutgefäßen oder im Bereich der Wirbelsäulenchirurgie Anwendung. Die Qualitätsansprüche sind daher sehr hoch, denn fehlerhafte Produkte könnten einen Patienten ernsthaft gefährden. Aus diesem Grund müssen defekte Katheter zuverlässig identifiziert werden. Gleichzeitig darf der Ausschuss nicht zu hoch sein. Bislang verrichtet speziell geschultes Personal diese Arbeit händisch.
Da das aktuelle Verfahren zur Qualitätskontrolle von Ballonkathetern trotz aller Sorgfalt zu fehleranfällig ist, erhofft man sich durch den Einsatz einer KI mehr Effizienz. Erste Testläufe haben gezeigt, dass der Computer mangelhafte Produkte zuverlässig identifiziert. Dies wird durch das sogenannte Transfer Learning erreicht. Dabei handelt es sich um maschinelles Lernen der nächsten Generation. Um den Computer zu trainieren, fangen die Wissenschaftler nicht mehr bei null an. Vielmehr bedienen sie sich vorhandener neuronaler Netze, die bereits über ein fundiertes Vorwissen verfügen. Darauf aufbauend trainieren sie die Bilderkennung defekter Ballonkatheter.
Künstliche neuronale Netze sind eine große Chance für die Medizin. Beispielsweise ist es vorstellbar Apps zu entwickeln, die Ärzte bei der Erstanamnese unterstützen. Gerade für Regionen mit schlechter medizinischer Versorgung oder in entlegenen Gebieten wäre dies ein enormer Fortschritt. Zudem kann eine KI lebensecht wirkende Bilder in der Medizin erstellen, sogenannte generative Modelle: Patienten erlangen dadurch eine Vorstellung davon, wie ihre Haut nach einer Hautkrebs-Behandlung aussehen kann oder wie sich die Entfernung eines Muttermals optisch auswirkt. Auch in der bildgebenden Diagnostik mittels MRT, CT oder PET ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz denkbar. Allerdings gibt es einen Haken: Unter Laborbedingungen übertreffen künstliche neuronale Netze den Menschen bei der Bilderkennung und in anderen Bereichen der Medizin. Im praktischen Alltag kann dies jedoch anders aussehen. Mancherorts fehlen möglicherweise die technischen Gegebenheiten. Zudem ist es denkbar, dass die Handhabung und Bedienung einer KI in Stresssituationen zu Überforderung führt. Mangelnde Akzeptanz und daraus resultierendes mangelndes Vertrauen in künstliche neuronale Netze stellen ebenfalls ein Hindernis dar. Der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Medizin bietet zweifellos viele Chancen. Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis sich künstliche neuronale Netze in der Diagnostik ebenso selbstverständlich etabliert haben wie beispielsweise das Röntgen oder Ultraschall.
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